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Writer's pictureStefan Schmierer

UN-Kaufrecht vom Legislativrat in Hong Kong verabschiedet

Das Übereinkommen ist anwendbar auf Verträge über internationale Warenverkäufe zwischen Privatunternehmen und umfasst Regelungen für das Zustandekommen von solchen sowie die Pflichten und Rechte von Käufern und Verkäufern.


Am 29. September 2021 wurde die Sale of Goods (United Nations Convention) Ordinance (Cap. 641) vom Legislativrat verabschiedet. Ziel des Übereinkommens ist es, insbesondere den Handel zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen des Civil- und Common-Laws durch einheitliche Regelungen für den Verkauf von Waren zu fördern.


Die Convention of International Sales of Goods (CISG) (Deutsch: Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf) ist ein internationales UN-Übereinkommen, welchem zurzeit 94 Länder weltweit beigetreten sind.


Das Übereinkommen ist anwendbar auf Verträge über internationale Warenverkäufe zwischen Privatunternehmen und umfasst Regelungen für das Zustandekommen von solchen sowie die Pflichten und Rechte von Käufern und Verkäufern. Damit die Verordnung auf internationale Warenverkaufsverträge zwischen Privatunternehmen anwendbar ist, müssen gewisse Parameter erfüllt sein: Zunächst müssen sich die Geschäftssitze einer oder beider Vertragsparteien in den Mitgliedsstaaten des Übereinkommens befinden. Darüber hinaus müssen die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines der Vertragsstaaten führen. Befindet sich keine der Vertragsparteien in einem CISG-Mitgliedsland, so kann das Übereinkommen dennoch durch Parteivereinbarung in den Vertrag integriert werden. Auf der anderen Seite können die Vertragsparteien eine Geltung von CISG ausdrücklich ausschließen (Opt-Out-Provision), selbst wenn das allgemeine Vertragsrecht zur Anwendung von CISG führen würde.


Anwendungsbereich des Übereinkommens

Zu den Verträgen, die von dem Übereinkommen ausgeschlossen sind, gehören gemäß Artikel 2 CISG unter anderen solche, die durch Versteigerung zustande gekommen sind und solche, die den Kauf und Verkauf von Wertpapieren, Schiffen, Flugzeugen oder elektrischer Energie betreffen. Darüber hinaus gilt es grundsätzlich nicht für internationale Verkäufe von Waren, die für den persönlichen oder privaten Gebrauch gekauft wurden.


Bisher war umstritten, ob CISG anwendbar ist, wenn das allgemeine internationale Vertragsrecht zur Anwendbarkeit von Hong Konger Recht führte. Dabei tendierte der Großteil der Meinungen dahin, dass CISG nicht anwendbar sei, da Hong Kong dem Übereinkommen nie ausdrücklich beigetreten ist. Diese Diskussion findet nun mit dem Beitritt von Hong Kong ein Ende. Das bedeutet nicht nur mehr Rechtssicherheit für beteiligte Vertragsparteien, sondern wird auch dem Ruf Hong Kongs als einem der weltweit führenden Handelszentren weiter stärken.


Nach der Verabschiedung der Verordnung wird das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge des internationalen Warenkaufs in Hong Kong voraussichtlich zwischen März und Juni 2022 Rechtskraft erlangen. Nach Inkrafttreten der Verordnung haben die Bestimmungen des Übereinkommens Vorrang vor dem nationalen Recht. Das nationale Recht ist subsidiär anwendbar, wenn die Verordnung Regelungslücken enthält und streitige Rechtsfragen nicht durch diese gelöst werden können. Gemäß Artikel 6 CISG steht es den Parteien frei, von der Anwendung des Übereinkommens abzuweichen oder die Wirkung einzelner Bestimmungen zu ändern.


Zu beachten ist, dass die Verordnung nicht für Geschäfte zwischen Unternehmen in Festlandchina und Hong Kong und zudem nicht für inländische Verträge in Hong Kong gilt. Es sind allerdings bereits Gespräche zwischen Hong Kong und Festlandchina im Gange, um die Anwendung von CISG auf Kaufverträge zwischen diesen beiden Jurisdiktionen auszudehnen.


Wesentliche Regelungen und Unterschiede zur aktuellen Rechtslage in Hong Kong

Die Verordnung unterscheidet sich in einigen grundlegenden Aspekten von der Sales of Goods Ordinance (Cap. 26) und dem Common-Law. So wird beispielsweise die Annahme eines Angebots in der Verordnung differenzierter normiert. Letztlich sind auch die Gewährleistungsrechte, die dem Käufer zustehen, verschieden. Aber auch sonst gebietet das Abkommen gewisse Anpassungen im operativen Geschäftsverkehr.


Probleme in der Beweisführung durch fehlendes Formerfordernis

Gemäß Artikel 11 CISG muss ein Kaufvertrag nicht in schriftlicher Form geschlossen oder nachgewiesen werden und unterliegt keinem Formerfordernis. Der Beweis des Zustandekommens kann durch jedes Mittel, einschließlich Zeugen, geführt werden. Daraus folgt, dass ein schriftlicher Kaufvertrag nicht unbedingt erforderlich ist. Allerdings können sich nach konkreter Geschäftssituation dadurch Probleme in der Beweisführung ergeben.


Aber auch in ergänzenden Vertragswerksinhalten können durch den Mangel an Formerfordernissen weitere Fallstricke lauern:

Nach Artikel 29 CISG kann ein Vertrag durch die bloße Vereinbarung der Parteien ohne weitere Formvorschriften geändert oder beendet werden, wobei es sich um eine mündliche Vereinbarung oder ein Verhalten handeln kann. Es sei denn, ein schriftlicher Vertrag enthält eine Bestimmung, wonach jede Änderung schriftlich erfolgen muss.

Auch hier folgt daraus unter Umständen das Problem der Beweisführung im Falle einer Streitigkeit mit dem Vertragspartner.


Um Unklarheiten darüber zu beseitigen, was Teil des Vertrags sein könnte oder wie dieser beendet oder geändert werden kann, sollten Unternehmen in Erwägung ziehen, in ihre Verträge eine Klausel aufzunehmen, die besagt, dass die im Vertrag schriftlich festgehaltenen Bedingungen die gesamte Vereinbarung zwischen den Parteien darstellen und frühere Zusicherungen der Parteien nicht Teil des Vertrags sind. Um Streitigkeiten über Vertragsänderungen zu vermeiden, sollten die Parteien außerdem in Erwägung ziehen, im Vertrag festzulegen, dass die Bedingungen von den Parteien nur durch eine schriftliche Vereinbarung geändert werden können und auch das Abweichen von dieser Regelung einer Niederschrift bedarf.


Abweichungen der Annahme eines Angebots im Hong Konger Recht

Damit ein solcher regelungsbedürftiger Vertrag überhaupt erst zustande kommt, bedarf es einer Einigung zwischen den Parteien, die aus einem Angebot und einer Annahme desselben besteht.


Die Regeln zur Annahme eines Angebots zum Abschluss eines Vertrages unterscheidet sich in gewissen Nuancen vom Hong Konger Recht.

Artikel 19 Abs. 1 CISG statuiert, dass eine Annahme das vorbehaltlose Einverständnis mit dem angetragenen Angebot darstellen muss. Sofern die vermeintliche Annahme ihrerseits Ergänzungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen des ursprünglichen Angebots enthält, stellt sie selbst grundsätzlich ein neues Angebot dar, welches wiederum der Annahme bedarf. Dies gilt gemäß Artikel 19 Abs. 2 CISG allerdings nicht, wenn Bedingungen des Angebotes in der Annahmeerklärung nicht wesentlich geändert werden und der Antragende die fehlende Übereinstimmung der Willenserklärungen nicht unverzüglich mündlich beanstandet oder eine entsprechende Mitteilung absendet. Auch hier können Beweisprobleme durch die Formlosigkeit einer solchen Beanstandung entstehen.


Daher sollten die Parteien die Annahme des Angebotsempfängers unverzüglich überprüfen und etwaigen zusätzlichen Klauseln so schnell wie möglich widersprechen.

Nach Artikel 21 Abs. 1 CISG ist eine verspätete Annahme eines Angebots dennoch wirksam, wenn der Anbieter den Empfänger des Angebots unverzüglich mündlich davon in Kenntnis setzt oder ihm eine entsprechende Mitteilung zukommen lässt. In Hong Kong gibt es keine entsprechende Vorschrift.


Da die Frist für die Annahme des Angebots durch mündliche Erklärung des Antragenden gegenüber dem Angebotsempfänger verlängert werden kann, müssen Unternehmen möglicherweise insbesondere auf mündliche Absprachen während der vorvertraglichen Verhandlungen achten und es vermeiden, Erklärungen in Bezug auf die Frist für die Annahme des Angebots abzugeben. Um zu verhindern, dass der Angebotsempfänger eine verspätete Annahme als gültige Annahme wähnt, sollte der guten Ordnung halber dem Angebotsempfänger eine förmliche Mitteilung zugestellt werden, in welcher die Befristung der Annahme angezeigt wird.


Rechtsbehelfe in der “Sale of Good Ordinance”

Die in Hong Kong geltende Sale of Goods Ordinance („SGO”) sieht verschiedene Rechtsbehelfe für Käufer und Verkäufer im Rahmen eines Kaufvertrags vor. So steht dem Käufer bei Nichtlieferung Schadensersatz zu. Im Falle der Verletzung einer Hauptleistungspflicht, dem sogenannten „Breach of Condition“ kann der Käufer wahlweise vom Vertrag zurücktreten, mindern oder Schadensersatz verlangen. Sofern eine Nebenleistungspflicht verletzt wird („Breach of Warranty“), kann der Käufer Minderung oder Schadensersatz verlangen. Der Verkäufer kann im Falle einer Vertragsverletzung auf Kaufpreiszahlung klagen, ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, oder auch Schadensersatz fordern.



Gewährleistungsrechte des UN-Übereinkommens

Gemäß dem UN-Übereinkommen stehen dem Käufer bei mangelhafter Leistung durch den Verkäufer das Recht auf Ersatzlieferung bzw. Nacherfüllung oder auch die Minderung des Kaufpreises zu. Darüber hinaus können auch Leistungspflichtverletzungen, die sich nicht auf die Hauptleistung beziehen, weitere Ansprüche auslösen. So können die Vertragsparteien unter Umständen Schadensersatz für Interessens- oder sonstige Pflichtverletzungen fordern. Dies gilt unabhängig davon, ob primär die vorgenannten Nacherfüllungs- bzw. Nachlieferungsansprüche geltend gemacht wurden. Diese können grundsätzlich nebeneinanderstehen.

Weiter können unter hinzutretenden Voraussetzungen sowohl der Käufer als auch der Verkäufer den Vertrag aufheben.


Gegenüberstellung der Regelungsgedanken

Bei einem Vergleich der Rechtsakte fällt auf, dass die CISG weitergehende Rechte für den Käufer beinhaltet. Diese liegen insbesondere im Recht auf Ersatzlieferung oder Nachbesserung der mangelhaften Ware. Die Erweiterung um diese beiden Rechte zeigt den unterschiedlichen Regelungsgedanken im Falle einer Leistungsstörung auf. Während die SOG einen Kompensationsgedanken verfolgt, geht die CISG davon aus, dass der Austausch der vertragsgemäßen Leistungen weiterhin Hauptziel der Parteien sein soll.


Es bleibt abzuwarten, wie die Hong Konger Gerichte die CISG auslegen werden. Dadurch entsteht ein Risiko für den Anwender, bis sich eine gefestigte Rechtsprechung entwickelt hat.


Umstellung in Hong Konger Unternehmen

CISG führte in Hong Kong bis jetzt ein Schattendasein und wurde sowohl von den lokalen Unternehmen als auch von deren Beratern kaum beachtet. Dies dürfte sich in den nächsten Monaten erheblich ändern, da ein Großteil der Hong Konger Unternehmen Handelsgesellschaften sind, die international Geschäfte tätigen. Diese und deren Berater müssen nun sehr schnell mit CISG vertraut werden, da deren internationale Handelspartner bereits seit vielen Jahren mit CISG arbeiten und wissen, wie vom nationalen Recht abweichenden Regelungen von CSIG zu deren Gunsten zu nutzen sind. Die betroffenen Unternehmen sollten von daher dringend auf die Veränderungen reagieren und ihr Verhalten im Geschäftsverkehr an die neue Rechtslage anpassen.


Unternehmen, die Geschäfte im betroffenen Bereich des Warenkaufs abschließen, sollten das Übereinkommen sorgfältig prüfen, um festzustellen, ob die Geschäftshandlungen und Vertragswerke angepasst werden müssen. Unter Umständen kann auch eine „Opt-out“ von der Anwendung des Übereinkommens zweckmäßig sein.


Dieser Artikel wurde von Stefan Schmierer und Philipp Beckman verfasst.


Dieser Artikel stellt keine individuelle Rechtsberatung dar. Wir übernehmen keinerlei Haftung für Schäden, die sich aus der Verwendung oder dem Missbrauch dieses Artikels ergeben.

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