Jeder, der sich mit dem Thema Steuern befasst, wird irgendwann mit einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Kontakt kommen und feststellen: Es ist nicht so schlimm, wie es klingt. Dieser Artikel soll einen Einblick in dieses Thema geben und es jedem Interessierten erleichtern, einzusteigen.
I. Einführung
1. Grundlagen
Um zu verstehen, was ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist und warum DBAs notwendig sind, ist es zunächst erforderlich, das grundlegende Problem zu verstehen. Dies gilt insbesondere heute, da immer mehr Menschen international arbeiten und Einkommen nicht nur in einem Land, sondern in mehreren Ländern erzielen oder wenn multinationalen Unternehmen weltweit tätig sind und Gewinne erzielen und Dividenden international ausschütten. Die grundlegende Situation entsteht für Einzelpersonen und Unternehmen. Zum Beispiel, wenn jemand in einem Land arbeitet, aber in einem anderen Land lebt. In dieser Hinsicht gibt es keine international einheitliche Regelung. Es wäre zum Beispiel möglich, dass jeder nach dem Quellenprinzip besteuert wird, d.h. das Einkommen wird im Ursprungsland besteuert, oder nach dem Wohnsitzprinzip, d.h. das Einkommen wird im Land besteuert, in dem der Steuerpflichtige lebt oder sich gewöhnlich aufhält. Stattdessen gilt in vielen Ländern das Welteinkommensprinzip, d.h. jedes Land hat das Recht, das Einkommen von Einwohnern zu besteuern, unabhängig davon, ob es in seinem eigenen Land erwirtschaftet wurde oder nicht, und gleichzeitig das Recht, Einkommen, das von Nichtansässigen im eigenen Land erwirtschaftet wurde, zu besteuern.
Um dies zu vermeiden, werden jedoch DBAs zwischen Ländern abgeschlossen. Vereinfacht ausgedrückt ordnet ein Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht für ausgewählte Einkommensquellen einem Land zu, vorausgesetzt, dass das Einkommen eine länderübergreifende Verbindung hat.
2. OECD-MA
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ein Modell für Doppelbesteuerungsabkommen ("OECD-MA") erstellt, das viele Doppelbesteuerungsabkommen als Vorlage genommen haben. Gemäß diesem Modell hat in der Regel das Wohnsitzland das Recht, das Einkommen zu besteuern. Ausnahmsweise ist jedoch im Falle bestimmter Einkommen das Quellenland berechtigt, das Einkommen zu besteuern, wie z.B. bei Künstlern, Sportlern oder unbeweglichem Vermögen.
II. Funktion eines Doppelbesteuerungsabkommens
Bevor überhaupt überlegt werden kann, ob ein DBA angewendet werden kann und wie, müssen zunächst die folgenden Bedingungen erfüllt sein.
1. Anforderungen
a. Vorhandensein eines Doppelbesteuerungsabkommens
Zunächst muss ein DBA vorhanden sein. Dies ist auch heute noch nicht in allen Fällen gegeben. Beispielsweise gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Hongkong.
b. Steuerlicher Wohnsitz in einem DBA-Staat
Darüber hinaus muss die betreffende Person auch in einem Vertragsstaat des DBA ansässig sein, Art. 4 I OECD-MA. Zu beachten ist, dass DBAs der Regel folgen, dass eine natürliche oder juristische Person nur in einem der DBA-Staaten steuerlich ansässig sein kann, nicht in beiden. Es kann also in bestimmten Fällen recht kompliziert sein, den Steuersitz der Person festzustellen, was dann zur Besteuerung oder Nichtbesteuerung des Einkommens führt.
c. Vorliegen einer Doppelbesteuerung
Schließlich muss geprüft werden, ob beide betroffenen Länder gemäß dem jeweiligen nationalen Recht das betreffende Einkommen besteuern. Für detaillierte Unterstützung verweisen wir auf die Abbildung am Ende des Artikels. Ein DBA ist nur erforderlich, wenn das gleiche Einkommen in beiden DBA-Ländern steuerpflichtig ist; Tatsache ist beispielsweise, dass Hongkong keine Steuern auf Dividenden, Kapitalgewinne und Zinsen erhebt. Es kann also Fälle geben, in denen ein DBA, das Hongkong mit einem anderen Land abgeschlossen hat, nicht anwendbar ist, weil die Dividende, der Kapitalgewinn oder der Zins nur im anderen Land, nicht aber in Hongkong besteuert wird.
2. Vermeidung der Doppelbesteuerung
a. Struktur des DBA
Im Folgenden wird die Struktur eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) auf Basis des OECD-Modells erläutert:
Zu Beginn eines DBA steht der Anwendungsbereich. Um die Anwendbarkeit des DBA zu prüfen, muss zuerst der persönliche, sachliche und zeitliche Anwendungsbereich des jeweiligen Abkommens geprüft werden.
Den Regelungen zum Anwendungsbereich folgen Definitionen. Um bestimmte Begriffe, auch im internationalen Bereich, einfacher und klarer handhaben oder verstehen zu können, werden bestimmte Begriffe nach der Klarstellung des Anwendungsbereichs zunächst definiert. Insbesondere wird hier die Einrichtung einer steuerpflichtigen Betriebsstätte erklärt, Art. 5 OECD-MA. Dies kann wichtig sein, da dies der Anknüpfungspunkt für die Besteuerung von Unternehmensgewinnen sein kann.
Der Hauptteil eines Doppelbesteuerungsabkommens sind die Zuweisungsnormen, Art. 6-22 OECD-MA, die im Allgemeinen festlegen, welches der Vertragsstaaten das Recht hat, bestimmte Einkommen und Gewinne zu besteuern. Die Zuweisungsnormen werden weiter unten ausführlicher besprochen, da sie der wichtigste Teil eines DBA sind. Den Zuweisungsnormen folgt die Tie-Breaker-Regel, die normalerweise in Art. 22 oder Art. 23 zu finden ist und für Fälle erforderlich ist, in denen trotz Anwendung der Zuweisungsnorm eine Doppelbesteuerung besteht.
Neben der Zuweisung für die Besteuerung regelt das OECD-Modell auch Verfahrensfragen im Zusammenhang mit der Besteuerung, wie z.B. Anträge auf Informationen und das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien.
b. Zuweisungsnormen, Art. 6-22 OECD-MA
In den Zuweisungsnormen wird bestimmt, welcher Vertragsstaat zum Besteuerungsrecht berechtigt ist. Die Zuweisung des Besteuerungsrechts basiert auf den verschiedenen Arten von Einkommen oder Gewinnen. Eine Zuweisungsnorm besteht daher im Wesentlichen aus der Art des Einkommens, gefolgt von einer Regel zur Unterscheidung bestimmter Einkommen voneinander, der Zuordnung zu einem Steuerpflichtigen und schließlich der Zuweisung des Besteuerungsrechts an einen der DBA-Länder.
In Bezug auf die Zuweisung sollte jedoch beachtet werden, dass man das Besteuerungsrecht nicht an einen anderen Staat abtreten kann, soweit eine Tatsache so eng mit einem Land verbunden ist.
c. Beispiele
Zum Beispiel wird laut Art. 15 I OECD-MA das Einkommen aus Beschäftigung im Wohnsitzland besteuert, kann jedoch auch im Quellenland besteuert werden, wenn das nationale Steuerrecht beider Länder die Besteuerung des Gehalts vorsieht. Nur Art. 15 II OECD-MA sieht eine klare Besteuerung im Wohnsitzland vor, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Steuerjahres nicht länger als 183 Tage im Beschäftigungsland bleibt, das Gehalt nicht von einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber gezahlt wird und der Arbeitgeber nicht im Wohnsitzland des Arbeitnehmers ansässig ist und das Gehalt nicht von der Betriebsstätte im Quellenland getragen wird.
Die Situation ist auch bei Dividenden nach Art. 10 OECD-MA ähnlich, wenn eine Tochtergesellschaft Dividenden an ihr Anteilsunternehmen in anderen DTA-Ländern ausschüttet. Hier sieht der Artikel ebenfalls vor, dass die Dividenden im Quellenland (Land der Tochtergesellschaft) als Quellensteuer sowie im Wohnsitzland des Anteilsunternehmens besteuert werden können, wenn beide nationalen Steuergesetze die Besteuerung von Dividenden vorsehen.
Weiterhin begrenzt Art. 10 II OECD-MA das Besteuerungsrecht des Landes, in dem die Tochtergesellschaft ansässig ist (= Quellensteuer), unter folgenden Bedingungen:
Wenn der wirtschaftliche Eigentümer eine juristische Person ist und mindestens 25% der Tochtergesellschaft hält, darf die Quellensteuer nicht mehr als 5% des Bruttobetrags der Dividenden betragen.
Wenn diese Bedingungen hingegen nicht erfüllt sind, darf die Quellensteuer nicht mehr als 15% betragen.
Dies bedeutet, dass in diesem Fall eine Doppelbesteuerung möglich ist, aber für ein Land begrenzt ist.
d. Tie-Breaker-Regel
Wie aus den obigen Beispielen ersichtlich, können die Zuweisungsregeln das Besteuerungsrecht klar einem der Länder zuweisen, aber es darf keine doppelte Besteuerung geben.
Um jegliche doppelte Besteuerung in den Zuweisungsregeln zu vermeiden, können in einem Doppelbesteuerungsabkommen zwei Methoden angewendet werden: die Anrechnungsmethode (Art. 23B OECD-MA) oder die Befreiungsmethode (Art. 23A OECD-MA). Unter dem OECD-MA ist die Befreiungsmethode grundsätzlich anzuwenden. Da die Anrechnungsmethode jedoch für die nationalen Steuerbehörden vorteilhafter ist (wie unten erläutert), bevorzugen Länder in der Regel die Anrechnungsmethode bei Abschluss von DTA.
Bei der Befreiungsmethode wird das Einkommen, das bereits in einem Land besteuert wurde, im anderen Land nicht erneut besteuert, d.h. es ist dort von der Besteuerung befreit, und das Einkommen ist nicht in der Steuerbasis des Landes enthalten.
Bei der Anrechnungsmethode kann der Steuerpflichtige, der bereits Steuern im ersten Land gezahlt hat, diese Steuern nur gegen die im anderen Land fälligen Steuern anrechnen.
Für den Steuerpflichtigen ist die Befreiungsmethode die bessere Option. Dies liegt daran, dass bei dieser Methode in dem zweiten Land keine Steuer anfällt. Mit der Anrechnungsmethode ist es jedoch durchaus möglich, dass der Steuerpflichtige auch im anderen Land Steuern auf das Einkommen zahlen muss, selbst wenn ein Teil davon angerechnet wird. Das Ergebnis ist, dass der Steuerpflichtige letztendlich die Steuer auf das Einkommen in Höhe der Steuer zahlen wird, die das höher besteuerte Land erhebt. Darüber hinaus führt die Anrechnungsmethode zu weiteren Verpflichtungen auf Seiten des Steuerpflichtigen: Der Steuerpflichtige muss anhand des Steuerbescheids des primär besteuerten Landes nachweisen, dass die Steuern bereits gezahlt wurden und in welcher Höhe. Diese Aufgabe kann sprachliche und Verständnishürden mit sich bringen, was es für den Steuerpflichtigen viel unangenehmer macht.
3. Treaty Override
Wenn ein Land vorsätzlich ein bestehendes Doppelbesteuerungsabkommen missachtet und Einkommen besteuert, obwohl es gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen nicht berechtigt ist, das Besteuerungsrecht auszuüben, spricht man von einem "Treaty Override", das heisst ein Land verstösst gegen das DBA, welches es selbst unterzeichnet hat. Die OECD hat versucht, dem entgegenzuwirken, indem sie einen Bericht veröffentlicht hat, der mehrere Situationen auflistet, die zu einem Treaty Override. Dies kann beispielsweise passieren, wenn ein Land Gesetze erlässt, die im Konflikt mit dem Doppelbesteuerungsabkommen stehen oder wenn Definitionen einseitig geändert werden.
In diesem Zusammenhang hat zum Beispiel das deutsche Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil 2 BvL 1/12 vom 15. Dezember 2015 entschieden, dass internationale Abkommen ein Bundesgesetz zur Wirksamkeit erfordern. Das bedeutet, dass diese internationalen Abkommen nicht automatisch bei Ratifizierung oder Inkrafttreten gelten, sondern ein Umsetzungsgesetz in Form eines Bundesgesetzes benötigen. Dies wiederum bedeutet, dass die nachfolgende Legislative sie ändern oder aufheben kann. Internationale Abkommen haben somit keine besondere Stellung innerhalb der Normenhierarchie, sondern sind einem Bundesgesetz gleichgestellt. Weder das verfassungsrechtliche Prinzip der Völkerrechtsfreundlichkeit noch das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verpflichten Deutschland, sich uneingeschränkt an alle internationalen Abkommen zu halten. Somit kann eine vertragliche Übersteuerung Jahre oder sogar Jahrzehnte später auftreten, obwohl zuvor alles in Ordnung war.
4. Zusammenfassung:
Auch wenn das Thema der Besteuerung nicht jedermanns Lieblingsthema ist und selbst der Begriff "Doppelbesteuerungsabkommen" etwas Kompliziertes vermuten lässt, ist es insgesamt ein überschaubares und nicht allzu kompliziertes Thema. Um jedoch sicherzugehen, dass alles berücksichtigt wurde und man auf der sicheren Seite ist, ist es immer eine gute Idee, einen Anwalt zu konsultieren.
Wie man herausfindet, ob man überhaupt ein Doppelbesteuerungsabkommen benötigt:
Haftungsausschluss: Diese Veröffentlichung ist allgemein gehalten und soll keine rechtliche Beratung darstellen. Bevor Sie Maßnahmen in Bezug auf die in dieser Veröffentlichung behandelten Themen ergreifen, sollten Sie professionellen Rat einholen.
Für eine spezifische Beratung zu Ihrer Situation wenden Sie sich bitte an:
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