1. Ü bersicht
Wie jedes Jahr im Februar hielt der Hongkonger Finanzminister Paul Chan am 26. Februar 2020 seine jährliche Rede zur Finanzlage Hongkongs und gab einen Ausblick über die Finanzen für das nächste Haushaltsjahr 2020/2021, welches zum 01. April 2020 beginnt.
Nachdem Hongkong in den letzten 15 Jahren immer einen Ü berschuss von mehreren Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftete, machten sich in 2019/2020 der Handelskrieg zwischen den USA und China, die Proteste im Sommer und Herbst und zuletzt das Coronavirus bemerkbar und es war schon zuvor erwartet worden, dass Hongkong das Wirtschaftsjahr 2019/2020 im Minus abschließt. Es wird erwartet, dass das Defizit zum 31. März 2020 bei ungefähr 40 Milliarden HKD (ca. 4.2 Milliarden Euro) liegen wird, was die Finanzreserven von Hong Kong von ca. 1.1 Trillionen HKD (ca. 120 Milliarden Euro) auf ca. 900 Milliarden HKD (ca. 95 Milliarden Euro) schrumpfen lassen wird.
Für die nächsten fünf Wirtschaftsjahre wird weiterhin mit einem negativen Ergebnis gerechnet, welches im Jahr 2020/2021 auf ca. 140 Milliarden HKD (ca. 16 Milliarden Euro) geschätzt wird.
2. Einzelmaßnahmen
Um die lokale Wirtschaft und Nachfrage zu beschleunigen, verkündete der Minister ein umfangreiches Programm, um lokalen Unternehmen und den Bewohnern von Hong Kong einen Teil der Finanzreserven zukommen kommen zu lassen.
Am interessantesten daran wird wohl die Ankündigung zu sehen sein, dass jeder erwachsene dauerhafte Einwohner von Hong Kong (Permanent Hong Kong Resident) im Laufe des Jahres einen Betrag von 10,000 HKD (ca. 1,200 Euro) ausgezahlt erhalten wird. Dies wird von Macau jedes Jahr durchgeführt, Hong Kong hatte sich dieser Forderung allerdings in den letzten Jahren widersetzt (bis auf 2011), da dies die Inflation ankurbeln würde.
Weitere Stimulierungsmaßnahmen für die Wirtschaft sind unter anderem:
Bis zu einem Betrag von 20,000 HKD (ca.2,400 Euro) wird die Einkommenssteuer erlassen.
Bis zum gleichen Betrag wird den Unternehmen die Körperschaftssteuer erlassen.
Bis zu einem Betrag von 1,500 HKD (ca. 180 Euro) pro Quartal wird die Grundsteuer erlassen.
Die jährlichen Registrierungsgebühren für Unternehmen werden erlassen.
Es werden den Unternehmen zinsgünstige Darlehen angeboten, welche durch die Regierung abgesichert werden.
Die Regierung übernimmt die Anmeldekosten für die Zugangsexamen zu den Universitäten.
Unternehmen wird für vier Monate ein Stromkostenzuschuss von bis zu 5,000 HKD (ca. 520 Euro) gewährt.
Bewohnern von Sozialwohnungen wird eine Monatsmiete erstattet.
Bezieher von Sozialhilfe und ähnlicher Unterstützung erhalten eine Monatszahlung zusätzlich.
3. Weitere Maßnahmen
Neben diesen Einzelmaßnahmen wurden eine Fülle von weiteren Maßnahmen angekündigt, um unter anderem den Gesundheitssektor zu stärken, um Hongkong als IT-Standort zu fördern oder um die Ansiedlung von ausländischen Firmen zu fördern. Der Tourismussektor soll durch verstärktes Marketing gefördert werden, um Hongkong wieder vermehrt für Touristen interessant zu machen.
4. Zusammenfassung
Obwohl zum ersten Mal seit 15 Jahren rote Zahlen geschrieben wurden, ist zu bedenken, dass viele der Ausgaben mehr oder weniger direkt in den privaten Konsum fließen werden und damit Hong Kong wieder zugutekommen werden. Indirekt soll durch die Maßnahmen die Attraktivität von Hong Kong als Niederlassungsstandort und als Touristenziel gestärkt werden, so dass auch dadurch zu erwarten ist, dass diese Ausgaben früher oder später durch neue Einnahmen wieder kompensiert werden, so dass ein großer Teil des Defizits Hong Kong wieder zugutekommen wird.
Der Hauptkritikpunkt vieler Steuerexperten in den letzten Jahren wurde allerdings auch dieses Jahr nicht aufgenommen: Die Steuereinnahmen in Hong Kong gründen sich hauptsächlich auf der Einkommenssteuer, der Körperschaftssteuer, der Stempelsteuer bei Aktientransaktionen und aus den Einnahmen von Landverkauf. Dies ist eine sehr enge Steuergrundlage, was diese anfällig für Einwirkungen von außen macht. Es wird schon lange gefordert, dass Hong Kong weitere Steuern einführt, zum Beispiel eine Mehrwertsteuer, Steuern auf Dividenden und Zinsen, oder ähnliches und im Gegenzug bestehende Steuern reduziert. Dies hätte als Ergebnis, dass sich die Steuerlast der Bewohner grundsätzlich nicht ändert, die Steuergrundlage aber breiter wird.
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