Wie jedes Jahr im Februar hielt der Hongkonger Finanzminister Paul Chan am 24. Februar 2021 seine jährliche Rede zur Finanzlage Hongkongs und gab einen Ausblick über die Finanzen für das nächste Haushaltsjahr 2021/2022, welches zum 1. April 2021 beginnt.
1. Erneutes Milliarden-Defizit Nachdem
Hongkong in den letzten 15 Jahren durchgehend einen Überschuss von mehreren Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftete, wurde im Jahr 2019/2020 zum ersten Mal ein Defizit von 139 Milliarden HKD (ca. 15 Milliarden Euro) erzielt.
Hongkongs Wirtschaft schrumpfte im Jahr 2020 um 6,1 Prozent - die schlechteste Leistung seit der asiatischen Finanzkrise im Jahr 1998.
Auch aufgrund der Corona-Krise und den verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen vertiefte sich dieses Defizit 2020/2021 weiter auf ca. 256 Milliarden HKD (ca. 27 Milliarden Euro) und es wird angenommen, dass erst ab 2026 wieder ein Überschuss erwirtschaftet werden kann.
Die Finanzreserven von Hongkong schmelzen dadurch von ca. 900 Milliarden HKD (ca. 95 Milliarden Euro) auf ca. 780 Milliarden HKD (ca. 83 Milliarden Euro).
2. Kfz-Abgaben, Stempelsteuer Erhöht
Um die Einnahmenseite Hongkongs zu stärken wird von Wirtschaftsverbänden seit vielen Jahren eine umfassende Reform des Steuersystems gefordert, da sich die steuerlichen Einnahmen von Hongkong hauptsächlich auf Körperschaftssteuer, Einkommenssteuer und Stempelsteuer stützen. Hier wird gefordert, ohne die Gesamtsteuerlast zu erhöhen, durch weitere Steuern, wie zum Beispiel einer Mehrwertsteuer, die Steuergrundlage zu verbreitern.
Dies geschah allerdings auch dieses Jahr nicht und die Regierung beschränkt sich darauf, die Kfz-Zulassungskosten und die jährlichen KfzRegistrierungskosten zu erhöhen, um damit auch einem Verkehrskollaps vorzubeugen.
Weiterhin wird die Stempelsteuer bei Aktientransaktionen von 0.1% auf 0.13% des Werts der Transaktion erhöht, eine durchaus kontroverse Maßnahme, die auf teils heftige Kritik von Wirtschaftsvertretern stieß, da Hongkong der einzige Aktienplatz weltweit ist, der Käufer und Verkäufer gleichzeitig belastet, wobei viele andere Aktienplätze keinerlei Stempelsteuer erheben.
3. 530-EUR-Gutscheine für Hongkonger
Um die Wirtschaft und Nachfrage anzukurbeln und zu beschleunigen, verkündete der Finanzminister ein umfangreiches Programm, um lokalen Unternehmen und den Bewohnern von Hongkong einen Teil der Finanzreserven zukommen zu lassen.
Am interessantesten daran wird wohl die Ankündigung sein, dass jeder erwachsene dauerhafte Einwohner von Hongkong („Permanent Hong Kong Resident“) im Laufe des Jahres mehrere Gutscheine im Gesamtwert von 5.000 HKD (ca. 530 Euro) erhalten wird. Anders als im letzten Jahr - damals gab es 10.000 HKD (ca. 1.060 Euro) bar aufs Konto - wird dieser Betrag in elektronischer Form zur Verfügung gestellt und kann nur bei einer noch nicht bekannten Auswahl lokaler Geschäfte eingelöst werden.
Weitere fiskalische Stimulierungsmaßnahmen für die Wirtschaft sind unter anderem:
Alle Einkommenssteuerrechnungen bis zu einem Betrag von 10.000 HKD (ca. 1.060 Euro) werden erlassen.
Alle Körperschaftssteuerrechnungen für Unternehmen bis zu einem Betrag von 10.000 HKD (ca. 1.060 Euro) werden erlassen.
Bis zu einem Betrag von 1.500 HKD (ca. 159 Euro) pro Quartal wird in den ersten beiden Quartalen die Grundsteuer auf privat genutzte Immobilien erlassen. Für die letzten beiden Quartale des Jahres 2021 reduziert sich dies auf je 1.000 HKD (ca. 106 Euro).
Für gewerbliche Immobilien reduziert sich die Grundsteuer auf 5.000 HKD (ca. 530 Euro) bzw. 2.000 HKD (ca. 212 Euro) für die beiden letzten Quartale.
Die jährlichen Registrierungsgebühren für Unternehmen werden erlassen.
Es werden den Unternehmen zinsgünstige Darlehen angeboten, welche durch die Regierung abgesichert werden.
Es wird ein Stromkostenzuschuss von bis zu 1.000 HKD (ca. 106 Euro) gewährt.
Bewohnern von Sozialwohnungen wird eine Monatsmiete erstattet.
Bezieher von Sozialhilfe und ähnlicher Unterstützung erhalten eine halbe Monatszahlung zusätzlich.
4. Hilfen für High-Tech und Tourismus
Neben diesen Einzelbestimmungen wurden eine Fülle von weiteren Maßnahmen angekündigt, um vor allem die Industrien zu stärken, die stark unter der Corona Krise gelitten haben, also vor allem Tourismus, Hotels, Bars und Restaurants. Weiterhin soll Hongkong als interessanter Standort für ausländische High-Tech-Firmen und der Tourismussektor durch verstärktes Marketing gefördert werden, um Hongkong wieder vermehrt für Touristen interessant zu machen.
5. Finanzüberschuss ab 2025/2026
Es wurde bereits in der Ansprache des Finanzministers für das letzte Finanzjahr zum Ausdruck gebracht, dass auch für 2021/2022 mit einem Defizit zu rechnen sei. Dieses fiel nun aber aufgrund der anhaltenden Corona-Krise wesentlich höher aus als ursprünglich erwartet. Allerdings wurde ein Großteil des zusätzlichen Defizits dazu verwendet, um die Hongkonger Wirtschaft und die Einwohner in der Krise finanziell zu unterstützen und stellt sich damit als direkte Reinvestition dar.
Positiv ist, dass bereits für 2021/2022 mit einem Wirtschaftswachstum von 3,3% und ab 2025/2026 wieder mit einem Finanzüberschuss gerechnet wird. Allerdings steht Hongkong noch immer im Mittelpunkt der Handelsauseinandersetzungen zwischen China und dem Westen und auch die sozialen Herausforderungen in Hongkong sind noch nicht überwunden. Von daher bleibt abzuwarten, ob die vorausgesagten Zahlen tatsächlich eintreffen werden, oder ob sich Hongkong länger damit abfinden muss, ein Finanzdefizit zu haben, was sich direkt auf die Lebensumstände der Einwohner auswirken würde.
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